Unterabschnitt 4.2.5

4.2.5. Rechtsnatur und Erwerb der Sondernutzungsrechte

Waren bestimmte Arten der Nutzung öffentlicher Gewässer nicht mehr vom Recht zum Gemeingebrauch umfasst, sondern – wie etwa das Ableiten von Wasser aus einem schiffbaren Fluss – verboten, sollten öffentliche Sachen zu Privatzwecken in einer Weise gebraucht werden, die nicht in der Bestimmung der Sache an sich schon begründet war oder sonst den allgemeinen Gebrauch störte, so bedurfte es hierzu einer besonderen Erlaubnis.[496] Das dadurch vom Antragsteller erlangte Recht war nun kein allgemeines Bürgerrecht mehr, sondern ein besonderes Ausnahmerecht, Sonderrecht, Eigenrecht (jus proprium). Es hatte einen gemischten, öffentlich-privatrechtlichen Charakter, dessen juristische Beurteilung im Einzelfall fast immer mit Schwierigkeiten verbunden war.[497] Im Verhältnis zur allgemeinen Benutzung öffentlicher Sachen standen die Sonderrechte im Gegensatz zum Gemeingebrauch und beschränkten ihn, konnten aber etwa die Bestimmung der öffentlichen Sache „Wasser“ zum Gemeingebrauch nie völlig wirkungslos machen oder gar völlig vernichten. Aus ihrem Charakter folgte, dass jeder, der behauptete, über ein entsprechendes Recht zu verfügen, dafür beweispflichtig war, sofern sich das Recht nicht aus Landesrecht ergab.[498]

Sondernutzungsrechte konnten persönlicher Natur sein, d. h. sie wurden nur für die Person des Berechtigten verliehen und erloschen mit seinem Tod. Daneben konnten sie auch dinglicher Natur sein, wenn sie für ein Grundstück verliehen worden waren. Ob ein Sonderrecht als persönliches oder dingliches Recht eingeräumt worden war, ergab sich aus der jeweiligen Verleihungs- bzw. Konzessionsurkunde. Im Zweifel mussten die äußeren Tatsachen und Verhältnisse berücksichtigt werden, unter denen das Recht beantragt und gewährt worden war.[499]

Bei den Römern beruhte landesherrliche Verleihung von Sonderrechten auf dem Aufsichtsrecht der Regierung über die loca publica zur Sicherung und Erhaltung des Gemeingebrauchs.[500] Die Regel galt im 19. Jahrhundert nach wie vor, wobei in Deutschland noch eine andere Art der Verleihung hinzukam: Die Regierung konnte Kraft der ihr zustehenden Regalien Privaten bestimmte Nutzungerechte zum Gebrauch überlassen. Dabei wurde jedoch nicht das Regal selbst, also das Recht, aus dem sich die einzelne Berechtigung ergab, sondern lediglich dessen Ausübung bzw. Ausnutzung einem Privaten überlassen. Das Recht selbst verblieb beim Staat. Derartige Rechte waren genauso zu beurteilen, wie andere Sonderrechte. Insbesondere unterlagen sie allen Beschränkungen und sonstigen vom Staat erlassenen Verfügungen.


[496] EICHHORN, Einleitung, S. 665; HESSE, a. a. O., S. 272.
[497] HESSE, a. a. O., S. 272.
[498] Zum Verhältnis von Gemeingebrauch und Sondernutzung s. HESSE, a. a. O., S. 272 f.
[499] HESSE, a. a. O., S. 274.
[500] HESSE, a. a. O., S. 273.